Raubvogel der Sterne by Marion Zimmer-Bradley

Raubvogel der Sterne by Marion Zimmer-Bradley

Autor:Marion Zimmer-Bradley [Zimmer-Bradley, Marion]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Terra 147
veröffentlicht: 2013-10-08T04:00:00+00:00


9. Kapitel

Als ich wieder zu mir kam, lag mein Kopf in Dallisas Schoß, und eine rötliche Dämmerung erfüllte den Raum. Einen Augenblick lang fragte ich mich, ob ich im Delirium nachgegeben hatte. Ich murmelte: „Die Sonne … noch nicht untergegangen …“

Sie beugte ihren Kopf über mein Gesicht und flüsterte: „Still.“

Ich schlummerte wieder ein. Nach einem Moment fühlte ich eine Tasse an meinen Lippen und hörte Dallisas Stimme:

„Könnt Ihr schlucken?“

Es gelang mir. Ich spürte den Geschmack der Flüssigkeit nicht, aber sie war kalt und naß und erschien mir wie ein Geschenk des Himmels, während sie durch meine ausgedörrte Kehle rann. Plötzlich klärte sich mein Kopf, und ich richtete mich auf.

„Ist das ein Trick, um mich zu zwingen, meine Niederlage zu bekennen?“

Sie erwiderte ruhig: „Ihr habt vermutlich ein Recht, argwöhnisch zu sein. Aber wenn ich Euch berichte, was ich von Rakhal weiß, traut Ihr mir dann?“

Ich blickte sie an und entgegnete offen: „Nein!“

Zu meiner Überraschung warf sie den Kopf zurück und lachte. Ich bewegte vorsichtig meine Gelenke. Die Haut war abgescheuert, und meine Arme schmerzten.

„Vor Sonnenuntergang habe ich allerdings kein Recht, von Euch Vertrauen zu fordern“, versetzte Dallisa, „und da shegri Euch verpflichtet, mir bis zum letzten Sonnenstrahl zu gehorchen, befehle ich Euch, den Kopf wieder auf meine Knie zu legen.“

In plötzlichem Ärger murrte ich: „Ihr verhöhnt mich.“

Ihre Lippen bewegten sich kaum. „Ist das nicht mein Privileg? Weigert Ihr Euch?“

„Weigern?“ Noch war die Sonne nicht hinter den Horizont gesunken. Dies mochte sich als verhülltere Marter erweisen denn diejenigen, die den Anfang gemacht hatten. Das Glitzern ihrer Augen verlieh mir das Gefühl, daß sie mit mir spielte. Mein vernarbter Mund verzog sich in einer Grimasse der Demütigung, während ich mich gehorsam zurücksinken ließ, so daß mein Kopf auf ihrem Pelzkleid ruhte.

Sie murmelte: „Ist diese Lage so unerträglich?“

Ich gab keine Antwort. Niemals, keinen Augenblick lang konnte ich vergessen, daß – mochte sie auch menschlich und fraulich erscheinen – Dallisas Rasse schon alt und ausgelaugt war, als das Terranische Imperium erst eine einzige Welt umspannte. Das Hirn Wolfs, das sich seit Anbeginn der Zeiten mit dem Nichtmenschlichen vermischt hat, ist für den Außenseiter unergründlich. Ich war besser als die meisten Erdenmenschen dazu ausgerüstet, seine Wege zu verfolgen, aber mochte ich auch an der Oberfläche mit ihm Schritt halten, so konnte ich doch niemals vorgeben, seine tieferliegenden Motivationen zu verstehen.

Und so konnte ich Dallisa keinen Augenblick trauen. Sie klammerte sich plötzlich an mich. Zerbrechlich, wie sie erscheinen mochte, besaßen ihre Arme die Stärke von Stahl, und brennender Schmerz durchflutete meine ausgerenkten Schultern, dann vergaß ich ihn.

Irgendwann während der Nacht erwachte ich und starrte in die Dunkelheit. Ihr dunkler Kopf lag reglos auf ihrer Schulter.

Einer der kleinen Monde leuchtete durch den Fensterschlitz. Ich erinnerte mich zusammenhanglos an meine Räume in der terranischen Geschäftsstadt, sauber und hell und warm, und an die Nächte, in denen ich sie rastlos durchmessen hatte, von Haß und Bitterkeit erfüllt, von Verlangen nach den winddurchsungenen Nächten der Dürrstädte, dem salzigen Geruch ihrer Luft und dem klirrenden Gang der geketteten Frauen durchdrungen – schuldbewußt



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